Cannabis bei Depressionen: Hilfreich oder schädlich? Aktuelle Studien

Das Wichtigste in Kürze:

  • Studien zu Cannabis und Depressionen liefern widersprüchliche Ergebnisse.
  • Manchen Patient:innen scheint Cannabis – zumindest kurzfristig – Linderung zu bringen. Bei anderen treten Depressionen als Nebenwirkung von Cannabis auf.
  • Zwischen Cannabis und bestimmten Antidepressiva gibt es mögliche Wechselwirkungen.
  • Patient:innen mit Depressionen sollten in erster Linie auf bewährte Behandlungen wie Psychotherapie zurückgreifen.
  • Anwendung von Medizinalcannabis bei Depressionen sollte gut mit den behandelnden Ärzt:innen besprochen werden.


Depressionen sind heilbar. Verschiedene Hilfsadressen, auch in deiner Nähe, hat die Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Seite für dich zusammengestellt. In unserem Artikel erfährst du außerdem, wie du möglichst schnell einen Psychotherapie-Platz findest.

Seit 2017 dürfen Ärzt:innen in Deutschland bei schwerwiegenden Erkrankungen Cannabis-Rezepte ausstellen – und verschreiben Medizinalcannabis auch bei Depressionen [1].

Während eine Behandlung mit Antidepressiva erwiesenerweise wirkt, kann sie mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein. Betroffene sind daher auf der Suche nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten.

Könnte medizinisches Cannabis bei Depressionen helfen? Könnte es diese sogar verschlimmern oder auslösen? Alle Antworten findest du hier.

1. Medizinisches Cannabis gegen Depressionen? Studien zu potenzieller Wirkung

2. Mögliche Neben- und Wechselwirkungen bei der Anwendung von Cannabis bei Depressionen

3. Cannabis bei Depressionen? Kostenübernahme, Verschreibung und Psychotherapie

Medizinisches Cannabis gegen Depressionen? Studien zu potenzieller Wirkung

2020: Auswertung einer Cannabis-Tracking-App [2]

Universitäten: University of New Mexico (Albuquerque, USA) und MoreBetter Ltd. (Washington D.C., USA)

Veröffentlichung: 2020 im Yale Journal of Biology and Medicine

Art der Untersuchung: Auswertung von App-Daten

Untersucht wurden: 5.800 Sessions zur Anwendung von Medizinalcannabis

Aufbau der Untersuchung:

  • Auswertung von Daten der „ReleafApp“
  • Die Anwender:innen trackten unter anderem:
  • Ausgewertet wurden nur Sitzungen, bei denen die Nutzer im Vorfeld angaben, unter Depressionen zu leiden
  • Berücksichtigt wurden die Daten von rund 1.800 Personen, die zwischen 2016 und 2019 insgesamt über 5.800 Sessions trackten
  • In allen Fällen wählten die Verwender:innen den Weg der Inhalation

Wesentliche Ergebnisse:

  • 95,8 % der Konsument:innen erfuhren nach dem Konsum eine Linderung der Symptome
  • Auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten verringerten sich die Symptome im Schnitt um 3,76 Punkte
  • Bei bis zu 20 % der Personen wurde die Verwendung von Cannabis mit Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, die einer verstärkten Depression entsprechen (z. B. sich unmotiviert fühlen)
  • Bei bis zu 64 % der Konsument:innen stellte sich eine positive Wirkung ein, die einer verminderten Depression entspricht (z. B. sich glücklich, optimistisch, friedlich oder entspannt fühlen)
  • Die große Mehrheit der Patienten, die Cannabis verwendeten, schien – zumindest kurzfristig – von einer antidepressiven Wirkung zu profitieren

2020: Die Rolle des Endocannabinoidsystems bei psychischen Erkrankungen [3]

Universitäten: Universidad Miguel Hernández-CSIC (Alicante, Spanien), Instituto de Salud Carlos III, MICINN and FEDER (Madrid, Spanien), Hospital Universitario 12 de Octubre (Madrid, Spanien), Universidad Camilo José Cela (Madrid, Spanien), Complutense University of Madrid (Madrid, Spanien)

Veröffentlichung: 2020 in Frontiers in Psychiatry

Art der Untersuchung: Review

Untersucht wurden: Studien zum Endocannabinoidsystem

Ausgangspunkt und Aufbau der Untersuchung:

  • Das körpereigene Endocannabinoidsystems (ECS) ist an einer Reihe funktionaler Prozesse im Gehirn beteiligt. Dazu gehören:
    • Regulierung von Emotionen
    • Motivation
    • Kognition
  • Forschende werteten Untersuchungen aus, die an Nagetieren, in Tiermodellen, an postmortalem Hirngewebe sowie in vivo-Blut-, Plasma- und Liquorproben (CSF) durchgeführt worden waren. Auch die Ergebnisse von Neuroimaging-Studien an Menschen wurden berücksichtigt

Wesentliche Ergebnisse:

  • Komponenten des ECS könnten entscheidende Rolle bei Entstehung von Stimmungsstörungen wie Depressionen, Angststörungen und bipolarer Störung spielen
  • Das ECS könnte großes Potenzial bieten, um die Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen zu verbessern
  • Keine Antwort haben die Forschenden darauf, wie das ECS genau beeinflusst werden kann, um positive Effekte hervorzurufen und negative Wirkungen zu vermeiden
  • Es braucht weitere Studien zum Zusammenhang zwischen ECS und psychischen Erkrankungen

Mögliche Neben- und Wechselwirkungen bei der Anwendung von Cannabis bei Depressionen

Von 2017 bis 2022 führte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Begleiterhebung zu Medizinalcannabis-Therapien durch, die in Deutschland verschrieben und von den Krankenkassen übernommen wurden

Die Erhebung ergab unter anderem, dass Depressionen bei einem Teil der Personen, die medizinisches Cannabis verwendeten, als Nebenwirkung auftrat. Unter den insgesamt rund 16.800 Verschreibungen von Medizinalcannabis war das bei 198 Personen, also 1,2 Prozent der Patient:innen der Fall [1].

Man geht davon aus, dass die Begleiterhebung bei Weitem nicht alle Verschreibungen von Medizinalcannabis enthält [4]. Inwiefern sich das auf die Zahlen zu medizinischem Cannabis bei Depressionen auswirkt und sie verzerren könnte, ist unklar.

Review von 2014: Cannabis könnte Depression begünstigen [5]

Universität: Centre for Addiction and Mental Health (Toronto, Kanada), University of Toronto (Toronto, Kanada)

Veröffentlichung: 2014 in Psychological Medicine

Art der Untersuchung: Systematische Überprüfung und Meta-Analyse 

Untersucht wurden: Längsschnittstudien zu Cannabis bei Depressionen

Aufbau der Untersuchung:

  • Durch eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse von Längsschnittstudien untersuchten die Forschenden den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Depression
  • Die Forschenden berücksichtigten 57 wissenschaftliche Beiträge zu Cannabis und Depressionen mit insgesamt 76.058 Proband:innen
  • 14 dieser Beiträge werteten sie außerdem statistisch aus

Wesentliche Ergebnisse:

  • Die Verwendung von Cannabis war mit einem geringfügig erhöhten Risiko für die Entwicklung depressiver Störungen verbunden
  • Starker Cannabiskonsum war mit einem stärkeren, aber immer noch moderat erhöhten Risiko für die Entwicklung von Depressionen verbunden
  • Weitere Forschungen zum Zusammenhang zwischen der Verwendung von Cannabis und der Entwicklung von Depressionen sind nötig

Studie von 2021: Mögliche Wechselwirkungen zwischen Cannabis und einer bestimmten Form von Antidepressiva bei Jugendlichen [6]

Universität: University of Cincinnati (Cincinnati, USA) und Cincinnati Children’s Hospital Medical Center (Cincinnati, USA)

Veröffentlichung: 2021 im Journal of Personalized Medicine

Art der Untersuchung: Mathematische Modellierung

Untersucht wurden: Bestehende Studien zu Wechselwirkungen zwischen Cannabinoiden und Medikamenten bei Jugendlichen

Ausgangslage und Aufbau der Untersuchung:

  • Bislang gab es keine Studien zu Auswirkungen der Verwendung von Cannabis auf die Wirksamkeit oder Verträglichkeit von SSRI (einer bestimmten Form von Antidepressiva)
  • Als Ausgangspunkt nahmen die Forschenden Studien zu den Auswirkungen von Cannabinoiden auf Medikamente, die ähnlich wie SSRI verstoffwechselt werden
  • Diese Untersuchungen übertrugen die Wissenschaftler:innen anhand mathematischer Berechnungen auf mögliche Wechselwirkungen zwischen Cannabinoiden und SSRI

Wesentliche Ergebnisse:

  • CBD und/oder THC könnten die Konzentration bestimmter SSRI (Sertralin, Citalopram und Escitalopram) im Körper erhöhen
  • Durch die erhöhte Konzentration der SSRI könnte das Risiko für Nebenwirkungen steigen
  • Ärzt:innen sollten bei der Verschreibung der genannten SSRI in Betracht ziehen, das Thema Cannabiskonsum mit den Patient:innen anzusprechen. Sie sollten dafür sensibilisieren, dass der Beginn, die Beendigung oder die Verringerung des Cannabiskonsums die Konzentration des Antidepressivums im Körper beeinflussen könnte

Depressionen treten oft gemeinsam mit chronischen Schmerzen auf. Eine US-amerikanische Befragung unter 5.800 Personen ergab: Personen mit chronischen Schmerzen leiden deutlich öfter an einer schweren depressiven Störung als Personen ohne chronische Schmerzen [7].
Unter Cannabis bei chronischen Schmerzen findest du alle Infos zu einer möglichen Wirkung und Verschreibung. Eine Übersicht zu Studien und Verschreibungen bei anderen häufigen Erkrankungen und Symptomatiken haben wir unter Cannabis Therapie zusammengestellt.

Cannabis bei Depressionen? Kostenübernahme, Verschreibung und Psychotherapie

Kostenübernahme von Medizinalcannabis bei Depressionen in Deutschland

Laut der Begleiterhebung des BfArM gab es von 2017 bis 2022 471 Fälle, in denen die Krankenkassen die Kosten für die Verschreibung von medizinischem Cannabis bei Depressionen übernahm. [1]

Erkrankung bzw. Symptomatik Fallzahl gesamt Anteil in % aller Fälle (16809) Anteil in % aller Fälle mit Cannabis-blüten (2773) Anteil in % aller Fälle mit Cannabis-extrakt (1351) Anteil in % aller Fälle mit Dronabinol (10463) Anteil in % aller Fälle mit Sativex® (2188) 
1Schmerz 12842 76,4 66,8 88,8 78,0 73,5 
2Neubildung 2434 14,5 10,5 8,1 18,0 5,9 
3Spastik 1607 9,6 13,9 3,8 7,1 19,7 
4Anorexie/Wasting 852 5,1 3,7 1,8 6,7 1,2 
5Multiple Sklerose 989 5,9 12,5 3,2 4,2 7,3 
6Depression 471 2,8 4,7 2,8 2,4 2,3 
7Übelkeit/Erbrechen 376 2,2 0,8 0,9 3,1 0,5 
8Migräne 332 2,0 2,9 2,9 1,6 2,2 
9ADHS 163 1,0 5,2 0,2 0,1 0,4 
10Appetitmangel/ Inappetenz 198 1,2 0,8 0,3 1,6 0,2 

Quelle: [1]

Wird Cannabis bei Depressionen verschrieben?

Um die Rolle von Cannabis bei Depressionen näher zu beleuchten, bedarf es weiterer Forschung. Da bisherige Untersuchungen zu Cannabis und Depressionen zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen, ist große Vorsicht geboten.

Bei intensivem Konsum von Cannabis besteht das Risiko der Entstehung einer Cannabis Sucht. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Depression sich womöglich sogar verschlimmert und/oder etwaige Ursachen für die Depression nicht oder nicht ausreichend angegangen werden.

Falls du über eine Cannabis-Therapie bei Depressionen nachdenkst, solltest du das also gut mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin besprechen.

Ein Gespräch mit Ärzt:innen, die sich mit Medizinalcannabis auskennen, vermitteln dir auch Telemedizin-Anbieter. Diese Möglichkeit bieten in Deutschland unter anderem folgende Anbieter:

  • Kanna Medics
  • nowomed
  • Canify Clinics
  • Algea Care

Hier gibt es alle Infos dazu, wer in Deutschland eine Verschreibung für ein Cannabis Rezept bekommt und wann die Krankenkasse die Kosten für eine Cannabistherapie übernimmt.

Vermittlung von Psychotherapie-Plätzen

Betroffene mit Depressionen sollten sich professionelle Hilfe holen. Als klassische Behandlungen gegen die Krankheit gelten Psychotherapie und Psychopharmaka.

Termine für eine Sprechstunde in einer Psychotherapie-Praxis vermittelt der ärztliche Bereitschaftsdienst in ganz Deutschland über die Telefonnummer 116 117, die App „116117“ oder online über den E-Terminservice.

Eine Woche hat die 116117 Zeit, um dir einen Termin zu vermitteln. Dieser darf dann höchstens vier Wochen in der Zukunft liegen. Weitere Informationen gibt es unter „Psychotherapie“ auf der Seite der 116 117.

Quellen:

[1] Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte – Abschlussbericht (Stand: 06.07.2022)

[2] Auswertung von Daten im Yale Journal of Biology and Medicine: The Effectiveness of Cannabis Flower for Immediate Relief from Symptoms of Depression (Li, Diviant et al., 2020)

[3] Review in Frontiers in Psychiatry: Endocannabinoid System Components as Potential Biomarkers in Psychiatry (Navarrete, García-Gutiérrez et al., 2019)

[4] Artikel auf der Website des Deutschen Ärzteblatts: Begleiterhebung zu medizinischem Cannabis: Bedingt aussagekräftig (veröffentlicht am 25.07.2022)

[5] Review in Psychological Medicine: The association between cannabis use and depression: a systematic review and meta-analysis of longitudinal studies (Lev-Ran, Roerecke et al., 2014)

[6] Studie in Journal of Personalized Medicine: The Impact of Marijuana on Antidepressant Treatment in Adolescents: Clinical and Pharmacologic Considerations (Vaughn, Strawn et al., 2021)

[7] Studie in Psychosomatic Medicine: Comorbid Depression, Chronic Pain, and Disability in Primary Care (Arnow, Hunkeler et al., 2006)

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